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Philipp Kuster

“When ecology was suddenly catapulted into the public arena”. Partizipatorische Forschung im MAB-Programm der Unesco in den 1970er bis 1990er Jahren

Das Unesco-Programm “Der Mensch und die Biosphäre” (MAB) erforscht seit 1971 Mensch-Umwelt-Beziehungen. In den Dokumenten des Programms ist nur selten explizit von Aktivismus die Rede; es entwickelte sich jedoch klar vor dem Hintergrund wachsender Protestbewegungen. Der Entschluss zur Gründung des Programms fiel im September 1968 auf der sogenannten Biosphärenkonferenz in Paris, nur wenige Monate nach den Ereignissen des Mai 1968, während in den 1970er Jahren die Umweltbewegung immer wichtiger wurde. Der langjährige Leiter des Programms Francesco di Castri schrieb 1981, dass die Ökologie in den frühen 1970er Jahren in die Öffentlichkeit katapultiert worden und darauf in vieler Hinsicht nicht vorbereitet gewesen sei, wobei er das MAB als eine Antwort auf diese Veränderungen präsentierte. Die politische Relevanz der Umweltforschung prägte das MAB vor allem dadurch, dass es stets mehr sein wollte als ein wissenschaftliches Programm: Die Projekte zielten darauf ab, lokaler und kleiner als bisherige Forschungsprogramme zu sein, um gezielt konkrete Probleme an spezifischen Orten zu adressieren. Als Teil dieses als “problemorientierte Forschung” bezeichneten Ansatzes sollte auch die lokale Bevölkerung an ihnen beteiligt werden. Der Vortrag folgt diesen Bemühungen, die Grenzen von Wissenschaft und Gesellschaft aufzubrechen, vor allem mit Blick auf die MAB-Projekte in der Schweiz, in denen das Ideal der partizipatorischen Forschung besondere Priorität hatte. Er fragt dabei nach dem komplexen Verhältnis zwischen Partizipation und Aktivismus: Die lokale Bevölkerung spielte zwar in den Projekten eine aktive Rolle, ihre Beteiligung an der eigentlichen Forschungsarbeit war jedoch beschränkt. In diesem Zusammenhang vertrete ich die These, dass diese Grenzen der Partizipation mit dem Wissenschaftsverständnis des MAB erklärt werden können.