zurück

Viola Balz

Frauenalkoholismus: feministische Suchtkritik und ihre Gegenbewegung 1970-1985

Der Vortrag widmet sich aus einer geschlechterhistorischen Perspektive der Geschichte von sowie Diskussionen über einen konstatierten Anstieg von Frauenalkoholismus seit den 1970er Jahren und der durch Feministinnen vorgebrachten Kritik an den männlichen Erklärungsweisen des Phänomens. Nach 1968 nahmen Veröffentlichungen zum weiblichen Alkoholkonsum stark zu. Die Erkenntnisse wurden auch in feministischen Zeitschriften wie Emma und Courage rezipiert. Die vorwiegend von männlichen Wissenschaftlern vorgetragenen Deutungsversuche zur ‚trinkenden Frau‘ gerieten jedoch 1980 auf einer großen, von der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren durchgeführten Konferenz mit Sichtweisen von Kritikerinnen aus der Frauenbewegung in Konflikt. Während die männlichen Hauptredner das zunehmende Trinkverhalten der Frauen als Kehrseite der Emanzipation problematisierten, wurden diese Erklärungen von Feministinnen als Abwehrversuche emanzipatorischer Bestrebungen skandalisiert. Analysiert werden die in den Diskussionen über ‚die trinkende Frau‘ zum Ausdruck kommenden Veränderungen der gesellschaftlichen Rolle von Frauen sowie zeitgleich sich formierende wissenschaftlich-patriarchale Gegenbewegungen. Dabei wird zum einen deutlich, wie ein klassischer Suchtbegriff aufgrund des Scheiterns medizinischer Behandlungsversuche erodiert und durch neues psychosoziales Erklärungswissen ersetzt wird. Zum anderen wird gezeigt, wie die Frauenselbsthilfe sich dieses Wissen aneignet und neu interpretiert.