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Susanne Doetz

„Zum Verrücktwerden“. Die Generierung feministischer Psychiatriekritik am Beispiel der Zeitschrift Courage, 1978–1980

1978 erschien in der feministischen Zeitschrift Courage eine vierteilige Serie über Psychiatrie und Antipsychiatrie; im April 1980 folgte ein ganzes Sonderheft zu diesem Thema. Anhand dieses Beispiels soll herausgearbeitet werden, wie die Macherinnen der Courage ein dezidiert psychiatriekritisches feministisches Wissen generierten und wie sie diesen Prozess gleichzeitig zu einem empowernden und politischen Akt machten. Der partizipative Herstellungsprozess der Zeitschrift ermöglichte auch psychiatrieerfahrene Frauen in die psyfeministische Wissensgenerierung einzuschließen. Deren Beobachtungen, Wahrnehmungen und Deutungen verbanden die Zeitschriftenmacherinnen mit visuellen Darstellungen und einem Literaturkanon, der weit über das Feld der Psychiatrie(-kritik) hinausreichte. Anstelle medizinischer Psychopathologien implementierten die Courage-Frauen Schreibstile und Bildsprachen, die das subjektive Erleben von psychischen Leiden und psychischen Alteritäten in den Vordergrund stellten und es zur gesellschaftlichen Position von Frauen in Beziehung setzten. Gleichzeitig kamen in der Zeitschrift auch die Anbieterinnen feministischer Behandlungsmöglichkeiten zu Wort. Somit verband die Courage, die sich in erster Linie als Sprachrohr der Frauenbewegung verstand und nicht als eine Gruppe antipsychiatrischer Aktivistinnen,– so die These –Psychiatrieerfahrung, Psychiatriekritik, alternative Therapien und feministische Theoriebildung auf eine neue Weise.