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Elisa Satjukow

4.1 Panel: Aktivistische und feministische Perspektiven auf die Transformation der Geisteswissenschaften nach 1989/90

Die umfassenden gesellschaftlichen Umwälzungsprozesse im sozialistischen Europa ab Mitte der 1980er Jahre hatten fundamentale Auswirkungen auch für Lehre und Forschung. Die deutschen Geisteswissenschaften waren davon besonders betroffen, da mit dem „Hochschulumbau Ost“ zwei unterschiedliche Wissens- und Wissenschaftssysteme aufeinandertrafen und miteinander verschmolzen werden mussten. Wenngleich über die Herausforderungen und Problematiken der Transformation der ostdeutschen Hochschulen jüngst mehr Forschung besteht (vgl. Blecher/John 2020), sind feministisch-geschlechterhistorische Lesarten dieses Prozesses bislang noch kaum vorhanden. Dieses Desiderat möchte unsere Sektion aufgreifen und in vergleichender deutsch-deutscher wie postsozialistischer Perspektive exemplarisch die Rolle von Frauen innerhalb der Geisteswissenschaften nach 1989 untersuchen. Dabei legen wir ein besonderes Augenmerk auf die aktivistischen Bestrebungen der zeitgenössischen Akteur:innen und fragen danach, wie sie den politischen Wandel navigierten bzw. wie sie daraus ausgeschlossen wurden und sich im Spannungsfeld aus tradierten patriarchalen Netzwerken und neuen Chancen und Herausforderungen positionierten.

Auch wir sind, 30 Jahre später, Teil des Feldes und nicht nur mit den konkreten Folgen der von uns untersuchten systemischen Umwandlungsprozesse konfrontiert, sondern auch mit den Auseinandersetzungen um Legitimität in der Verschränkung von Zeitzeug:innenschaft und Wissensproduktion über das Feld. Dies soll uns schließlich als Anlass zur Reflexion über unsere eigene Positionalität und Fragen des wissenschaftlichen Aktivismus in der Gegenwart dienen.