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Marlene Friedrich

Die westdeutsche Geschichtswissenschaft in den 1980er Jahren in geschlechter- und wissenshistorischer Perspektive: Netzwerke, Machtstrukturen, Selbstverständnisse

Die westdeutsche Geschichtswissenschaft war in den 1980er Jahren männlich geprägt. Die Frauen- und Geschlechtergeschichte änderte am Mainstream des Fachs zunächst wenig. Wissenschaftskultur, Habitus, Netzwerke und Machtstrukturen blieben von Männern dominiert. Diese Strukturen setzten sich auch während der Transformation des ostdeutschen Wissenschaftssystems nach 1989/90 durch und wurden gar dorthin „exportiert“. Ausgehend vom Bochumer Historiker Hans Mommsen und mit ihm verbundenen Protagonisten wie H.-U. Wehler und J. Kocka werde ich in meinem Vortrag die männlichen Strukturen der westdeutschen Geschichtswissenschaft in den 80er Jahren untersuchen, und zeigen, wie es einem spezifischen Typus des männlichen Sozialhistorikers gelang, das öffentliche Bild des Faches, die innerfachliche Kultur und entscheidende Netzwerke zu prägen. Ein besonderer Fokus liegt auf dem politischen und fachlichen Selbstverständnis der Akteure, da hier geschlechterstereotype Vorurteile und Denkmuster die Vorstellung von „Wissenschaftlichkeit“ und „Aktivismus“ prägten: Einerseits verstanden die linksliberalen Professoren sich als dezidiert politische Historiker und betonten die „Pflicht politischer Pädagogik“ (Wehler). Andererseits nahmen sie für sich in Anspruch, kritische und objektive Forschung zu betreiben. In der Auseinandersetzung mit der Geschlechtergeschichte gestanden sie Historikerinnen diese Doppelrolle aber nicht zu und warfen ihnen fehlende „Objektivität“ und „Wissenschaftlichkeit“ vor.