Obwohl sich das west- und das ostdeutsche Hochschulsystem 40 Jahre lang auseinanderentwickelt hatte, blieb eine Kontinuitätslinie dies- und jenseits der Mauer bestehen: hier wie dort handelte es sich um eine männlich dominierte Wissenschaftskultur, die von geschlechterstereotypisierten Vorurteilen und Zuschreibungen geprägt war.
In meinem Vortrag möchte ich herausarbeiten, welche Rolle die Frauen- und Gleichstellungspolitik während der Transformation des ostdeutschen Hochschulsystems spielte. Dabei nehme ich die geisteswissenschaftlichen Fächer in den Blick und gehe u.a. der Frage nach, aus welchen Gründen nach 1989/90 im Vergleich zu DDR-Zeiten nur noch wenige Frauen an ostdeutschen Universitäten beschäftigt waren. Ein besonderes Schlaglicht möchte ich auf den Aktivismus von Wissenschaftlerinnen während der Umbruchszeit legen. Die Vereinigung der beiden Hochschulsysteme fiel in einen Zeitraum, in dem sich die Gleichstellungspolitik an westdeutschen Universitäten noch in einer Konsolidierungsphase befand. Gleichzeitig bildeten sich an den ostdeutschen Universitäten unabhängige Frauenvertretungen, die sich für die Schaffung eines Gleichstellungsamtes stark machten und die paritätische Besetzung aller Gremien einforderten. Vor die Hintergrund möchte ich die Frage beantworten, ob die Transformationszeit als Motor für die Gleichstellungspolitik im gesamtdeutschen Rahmen wirkte oder frauenemanzipatorische Errungenschaften im Hochschulbereich eher zurückdreht wurden.