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Nils Löffelbein

Aufarbeitung „von unten“? – Das Leid ehemaliger Heimkinder zwischen politischem Aktivismus und Zeitzeugenschaft

Am Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit sind in Deutschland Schätzungen zufolge bis zu 400.000 Kinder aus intimen Kontakten zwischen Besatzungssoldaten und deutschen Frauen gezeugt und geboren worden. Diese Kontakte reichen von konsensuellen Beziehungen bis hin zu sexualisierter Kriegsgewalt. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten fand eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik statt. 2015 wurde an der Universität Leipzig eine Studie initiiert, die sich aus psychologischer Perspektive mit dem Aufwachsen der Besatzungskinder und dessen Folgen beschäftigte. Die Studie verfolgte von Beginn an einen partizipativen Ansatz und involvierte Zeitzeug:innen in den Forschungsprozess. Darüber hinaus entstand u.a. auch durch die Forschung eine Selbstermächtigung der Besatzungskinder, die bislang als Zielgruppe weitestgehend unbekannt waren und denen oft selbst nicht bewusst war, dass es für sie einen Begriff gibt. Der Vortrag beschreibt das partizipative Vorgehen und die Selbstermächtigungsprozesse der Besatzungskinder sowie Ergebnisse einer Befragung der Studienteilnehmer:innen zur Motivation und zur Wirkung der Teilnahme an der Studie. Er bietet damit ein Beispiel für einen parallelen Prozess von wissenschaftlicher Aufarbeitung und durch die Zeitzeug:innen mitgestalteter Forschung sowie der Sichtbarmachung des Themas in der Öffentlichkeit.