Die Diagnose eines präsentischen Zeitregimes, wie sie der französische Historiker François Hartog vornimmt, ebenso wie die Herausforderungen eines von Dipesh Chakrabarty formulierten planetarischen Zeitregimes scheinen herkömmliche Zeitkonzeptionen der Geschichtswissenschaft, wie sie wegweisend von Reinhard Koselleck formuliert wurden, infrage zu stellen. Während Donna Harraway von „myriad temporaralities“ im Chthulucene spricht, fordern andere eine multitemporale Sichtweise und die Verabschiedung von einer globalen Zeit (z.B. Jerome Baschet).
Wir wollen diese Debatten als Ausgangspunkt für eine Diskussion um die Konzep-tion von Zeitlichkeit für die Wissenschaftsgeschichte nehmen: Inwiefern sind besonders Historiker:innen von den multiplen Krisen der Gegenwart herausgefordert, alternative Zeitlichkeiten als aktivistische Aufgabe zu entwickeln? Welche Rolle könnten dafür die unterschiedlichen historischen Wissensformationen spielen, mit denen sich die Panelteilnehmer:innen beschäftigt haben - von vormodernen Zeitregimes über utopische Gesellschaftstheorien bis hin zu neuzeitlichen Umgangsweisen mit Archivbeständen?
Die eingeladenen Vertreter:innen – Forschende, die sich verschiedentlich mit der Wissensgeschichte der Zeit und Fragen der temporalen Skalierung beschäftigt haben – möchte der Roundtable erstens auffordern, über eine Grundkategorie geschichtswissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens nachzudenken. Zweitens soll mit Roundtable-Teilnehmer:innen und dem Publikum die Bedeutung von Historiker:innen als Vergangenheitsexpert:innen für eine Gestaltung der Zukunft diskutiert werden.